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Inhalt; Seit Jahren muss die Witwe ihre beiden Kinder Hassan und Fatima alleine durchbringen. Tagsüber arbeitet sie in einem Kloster, abends bringt sie von dort ein bisschen Essen mit. Vor Erschöpfung wird sie krank und kann nicht mehr arbeiten. Jetzt zieht der vierzehnjährige Hassan aus, um Arbeit zu suchen. Er kommt zu einem grossen Schloss. Der Schlossherr öffnet ihm. Und er hat Arbeit, sie ist leicht, er zahlt gut dafür, aber die ganze Sache hat trotzdem einen Haken: der Knecht darf sich nicht ärgern. Wenn er sich ärgert, verliert er den Lohn und seine Träume, für immer. Hassan freut sich, denn ""ich ärgere mich nie"" und so tritt er die Arbeit an. Es ist wirklich ganz leicht. Er muss die dicke Kuh melken, das edle Pferd im Hof zehn Runden herumführen, den Perserteppich säubern, die Kissen schütteln, den Weihrauch anzünden und den feinen Matebrockentee servieren. Doch etwas ist an diesem Schloss geheimnisvoll. Da ist ein Zimmer, das er nicht betreten darf. Und da putzt eine stumme Frau in schwarzen Kleidern, die sehr traurig aussieht. Hassan freut sich, bis er seiner Mutter das Goldstück übergeben kann. Aber am letzten Tag läuft alles schief, denn der Schlossherr legt es darauf an, seinen Knecht zu ärgern: Du hast von der Milch der Kuh getrunken! schreit er ihn an und schüttet ihm den Eimer über seinen Kopf. Und: Du hast das Pferd in der falschen Richtung rumgeführt, geh nochmals. Hassan beisst auf die Zähne und beherrscht sich, aber als der Schlossherr dann auch noch mit dreckigen Stiefeln über den frischgeputzten Teppich schlurft und mit der Teekanne nach ihm wirft, weil sein Knecht angeblich vom guten Tee getrunken habe, platzt Hassan der Kragen, er schmeisst die Kanne zurück, schreit den Schlossherr an - und merkt zu spät, dass er verloren hat. Er muss ohne Goldstück nach Hause gehen, zu den höhnischen Rufen des Schlossherrn: Deine Träume werden mir schmecken! Hassan erzählt seiner Mutter und Fatima von seinem Unglück. Fatima will alles haargenau wissen. Dann macht sie sich auf den Weg zum Schloss. Als der Schlossherr ihr die Regeln erklärt, fragt sie zurück: ""Und was ist, wenn DU dich ärgerst?"" – ""Ich ärgere mich nie."" – ""Aber was wenn??"" – ""Dann bekommst du zwei Goldstücke."" Fatima bekommt die gleichen Arbeiten aufgetragen wie Hassan. Sie nutzt die Woche, um mit der stummen Frau Kontakt zu knüpfen. Auch ihr wurden die Träume geraubt. Sie beobachtet den Schlossherrn, wie er das verbotene Zimmer aufsucht, zufrieden wieder herauskommt und sich anschliessend an einen vollen Tisch setzt. Als er einmal im Bade liegt, greift sie sich aus seiner Tasche den Schlüssel und macht einen Wachsabdruck. Sie lässt eine Kopie des Schlüssels erstellen und schliesst die verbotene Kammer auf. Da steht sie vor vielen Käfigen mit Tausenden von Schmetterlingen darin, die gefangenen Träume, von denen sich der Schlossherr ernährt. Am letzten Tag will der Schlossherr mit Fatima wieder sein böses Spiel treiben. Aber Fatima kommt ihm zuvor: Sie lässt die Kuh frei und richtet dem erbosten Schlossherrn aus: Sie sprach zu mir: ""Geh und sage dem fetten Zweibeiner, ich habe keine Lust mehr. Ich haue ab."" Der Schlossherr verkneift sich den Ärger, der immer grösser wird, als Fatima auch noch das Pferd freilässt und ihm statt Matebrockentee ""Altesockentee"" serviert. Dann eilt sie zusammen mit der alten Frau ins verbotene Zimmer und lässt die Schmetterlinge frei, ein Bündel voller Farben und Licht. Zwei von ihnen landen auf Kopf und Mund der stummen Frau, die zum ersten mal seit langem wieder lacht und sagt: ""Mein Name ist Mariam"". Kurze Zeit später entdeckt der Schlossherr die leere Kammer. Er tobt. Er will Fatima ihren Lohn nicht geben. Er beschimpft die Frauen. Doch diese schlagen mit dem Stock auf ihn ein, bis er beiden je zehn Goldstücke gibt. Mariam umarmt Fatima, küsst sie und tanzt mit ihr im Kreis. Und dann eilt sie davon, ins Leben, zu den Ihren. Fatima begegnet dem Pferd im Wald und reitet darauf nach Hause, wo sie die Mutter und ihren Bruder findet, der eben in einen tiefen Schlaf gefallen ist, um zu träumen.Interpretation; Die Gewalt, von der hier die Rede ist, zielt auf das, was den Menschen ausmacht: Die Freiheit und der Freiraum zu träumen, Visionen zu entwickeln, geistige und seelische Kräfte zu pflegen, kreativ zu werden, in Beziehung zu anderen zu sein. Die Waffen von Fatima gegen diese Form der Gewalt: das von ihrem Bruder erworbene Wissen, Schlauheit, Mut, Pfiffigkeit, Furchtlosigkeit, Frechheit, Kreativität, Solidarität, Bündnis mit der stummen Frau, dem Opfer, eine begrenzte Gegengewalt. Der Täter wird mit seinen eigenen Waffen geschlagen. ; Auf dem Weg zur Gewaltlosigkeit muss man unterscheiden lernen zwischen den verschiedenen Arten von Gewalt. Der Gewalt von Tätern, die ohne Skrupel die eigenen Interessen mit perfiden Mitteln durchsetzen, ist nicht das gleiche wie die Gewalt der Opfer, die sich gegen die Übergriffe wehren. ; In Gottesdiensten könnte die Geschichte zum thematischen Fokus ""Der Gewalt widerstehen"" in einzelne Etappen aufgeteilt werden, denen noch weitere thematische und musikalische Elemente zugeordnet werden. |